Krebs ist Todesursache Nummer 1 am Arbeitsplatz
Am 4. Februar ist Weltkrebstag. Die Arbeiterkammer Oberösterreich warnt zu diesem Anlass vor einem weiteren Anstieg arbeitsbedingter Krebserkrankungen. Etwa 1.800 Todesfälle gehen in Österreich jedes Jahr auf das Konto von krebserzeugenden Arbeitsstoffen. „Wir brauchen eine Modernisierung des Grenzwertesystems und einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen gefährlichen Stoffen in den Betrieben“, pocht AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer auf rasche Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Gefährliche Stoffe ersetzen
In den Jahren 2011 bis 2017 sind alleine durch asbestbedingte Krebserkrankungen mehr als 820 Menschen gestorben. Asbest ist der bekannteste, aber bei weitem nicht der einzige krebserzeugende Stoff, der in der Arbeitswelt für Tod und Verderben sorgt. „Wenn irgendwie möglich, müssen gefährliche Stoffe durch weniger gefährliche ersetzt werden“, fordert AK-Präsident Kalliauer.
Wo bleiben Sanktionen für Arbeitgeber?
In Österreich sind rund 60 Prozent der tödlich verlaufenden Berufserkrankungen auf Krebs zurückzuführen. An erster Stelle steht dabei Lungenkrebs. Sowohl Männer als auch Frauen sind betroffen – in der Metallverarbeitung, im Baugewerbe oder in Kfz-Werkstätten ebenso wie im Gesundheitswesen, in Reinigungsfirmen, in Friseurbetrieben oder Kosmetikläden. Viele Beschäftigte sind täglich einem Cocktail von Karzinogenen ausgesetzt, etwa Dieselmotoremissionen, Quarzstaub, Asbest, Mineralöle, Haarfärbe-, Reinigungs- und Arzneimittel oder bestimmte Kosmetika. Vor allem bei Sanierungsarbeiten älterer Gebäude, bei denen noch Asbest zur Dämmung verwendet wurde, sind die Beschäftigen akut gefährdet. „Sobald bei Sanierungsarbeiten Asbest auftaucht, müssen sofort strengste Schutzmaßnahmen aktiviert werden. Die Arbeitsinspektion muss öfter, regelmäßig und strenger kontrollieren, auch bei den Subunternehmen. Und wir brauchen schärfere Sanktionen, wenn etwas nicht passt“, so Kalliauer. Dazu braucht die Arbeitsinspektion mehr Ressourcen.
Nachtschicht: unterschätztes Risiko
Neueste wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass in den frauendominierten Dienstleistungsberufen auch Nachtschichtarbeit ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor ist. Bei Brustkrebs dürfte in 4,6 Prozent der Fälle die Ursache im beruflichen Bereich liegen. Bei jährlich rund 5.500 Neuerkrankungen bedeutet das, dass mehr als 250 Frauen pro Jahr an arbeitsbedingtem Brustkrebs erkranken. Doch diese Gefährdungen sind weder auf der betrieblichen noch auf der gesetzlichen Ebene anerkannt.
Schutzstandards anpassen
Ein Problem sind auch die veralteten und unzureichenden Schutzstandards. Krebserzeugende Stoffe werden noch immer nach technischen Richtkonzentrationen (TRK) bewertet, die seit mehr als 20 Jahren nicht adaptiert wurden. Dazu kommt, dass sich das Risiko einer arbeitsbedingten Krebserkrankung mit der Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf 12 Stunden verschärft. Es gelten Grenzwerte, die auf Basis einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden bzw. 40 Wochenstunden berechnet wurden. Die AK verlangt eine umgehende Neuberechnung dieser Grenzwerte, um einen vernünftigen Schutz zu gewährleisten.
Die Betriebe haben keinen ausreichenden Druck, krebserzeugende Stoffe wenigstens so gering wie möglich einzusetzen, wenn sie sich nicht durch andere Stoffe ersetzen lassen. Bei einer Schwerpunktaktion der Arbeitsinspektion in 300 Unternehmen, die mit krebserzeugenden Stoffen arbeiten, hatte ein Drittel der Betriebe nicht einmal ermittelt, wie viele und welche Kolleginnen und Kollegen diesen Karzinogenen ausgesetzt sind! Und dort, wo solche Erhebungen gemacht wurden, gab es in jedem fünften Betrieb Grenzwertüberschreitungen.
Risiko für Erkrankungen minimieren
Die Arbeiterkammer fordert einen Umstieg von den derzeit verwendeten TRK-Werten auf ein risikobasiertes Grenzwertesystem, wie es in Deutschland oder den Niederlanden zur Anwendung kommt. So ein risikobasiertes Konzept führt bei steigenden Belastungen automatisch zu verpflichtenden Maßnahmen, um das Risiko einer Erkrankung zu minimieren. „Die Unternehmen müssen ordentliche Erhebungen machen und darauf aufbauend wirksame Maßnahmen setzen. Und sie sollen jede Innovation nutzen, die Leben retten kann“, fordert Kalliauer.