Studie zu gefährlichen Arbeitsstoffen: Österreich auf der Bremse
Das Technischen Büro Klade hat für die AK Wien die Grenzwerte für Arbeitsstoffe in Österreich und Deutschland verglichen. Die Grenzwerte regeln die Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz. In Österreich sind sie in der Grenzwerteverordnung 2018 als „Maximale Arbeitsplatzkonzentration“ (MAK)-Wert oder „Technische Richtkonzentration“ (TRK)-Wert festgelegt, in Deutschland als Arbeitsplatzgrenzwerte in den rechtsverbindlichen Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 900 und TRGS 910). Über 1.000 Einträge wurden verglichen.
Ergebnisse
- Eine Vielzahl österreichischer Grenzwerte ist wesentlich höher als die deutschen Arbeitsplatzgrenzwerte, und damit schlechter für den Gesundheitsschutz.
- Bei 125 Stoffen sind die österreichischen MAK-Werte höher als die deutschen Werte. 10mal so hohe Grenzwerte sind keine Seltenheit. Spitzenreiter ist der Grenzwert für das Metall Indium, der 1000mal höher als der deutsche Wert ist!
- Für 156 Stoffe gibt es einen deutschen Arbeitsplatzgrenzwert, aber gar keinen österreichischen Grenzwert.
- Bei den österreichischen TRK-Werten für krebserzeugende Arbeitsstoffe besteht gegenüber den risikobasierten Grenzwerten in Deutschland ein dramatischer Rückstand. In Deutschland sind die Grenzwerte für bestimmte krebserzeugende Arbeitsstoffe so festgelegt, dass das Krebsrisiko keinesfalls mehr als 1 zu 250 betragen darf („Toleranzkonzentration“). Wird die Toleranzkonzentration überschritten, ist das Arbeiten verboten. Österreich liegt mit den TRK-Werten bei diesen Stoffen fast immer im „verbotenen“ Bereich (siehe Grafik).
Bis ins Jahr 2001 hat sich Österreich an Deutschland orientiert und die dortigen Werte, die jeweils am aktuellen Stand der Forschung waren, übernommen. Die Fortschritte, die in Deutschland inzwischen gemacht worden sind, hat man hierzulande nicht nachvollzogen.
Forderungen
Die AK zieht aus der Studie ihre Schlüsse, die Folge der veralteten Grenzwerte in Österreich ist: Viele Grenzwerte garantieren nicht mehr den Schutz der Gesundheit für ArbeitnehmerInnen, die mit diesen Arbeitsstoffen arbeiten. Dieser Rückstand bedeutet unnötige Risiken für Krebs, Atemwegserkrankungen u. v. m.
In der Corona-Krise hat die Bundesregierung drastische Maßnahmen ergriffen, um die Risiken von COVID-19-Infektionen und damit viele Todesfälle zu verhindern. Beim Schutz vor Erkrankungen durch gefährliche Arbeitsstoffe darf die Regierung nicht weiter auf der Bremse stehen. Ob COVID-19-Infektion oder Lungenkrebs durch einen Arbeitsstoff – beim Gesundheitsschutz darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.