Wenn alles zum Heulen ist
Gefühle sind die Grundlage menschlichen Erlebens, sie begleiten unser Denken und Handeln und beziehen sich immer auf alle unsere Lebensbereiche. Sie lassen sich weder ausschalten noch auf spezifische Lebensbereiche konzentrieren. In der Arbeitswelt wird das Zurückhalten von Emotionen zumeist mit Kompetenz, Intelligenz und Professionalität verbunden. Dieser Glaubenssatz hält sich hartnäckig und transportiert weiterhin das Bild von Organisationen als funktionierende Maschinen und von deren Beschäftigten als Werkzeuge. Wir sollten es besser wissen: Emotionalität ist kein „Fehler im System“. Positive Gefühle wirken körperlich und psychisch stärkend, belastende Gefühle schwächen die Abwehrkräfte und wirken sich auf Motivation und Qualität negativ aus.
Gefühlskultur
Nichts ist schlimmer als ein Pokerface! Wenn Emotionen nicht ausgedrückt werden (dürfen), kann es passieren, dass man in Stressphasen von Gefühlen überrollt wird. Die Folge können Handlungsunfähigkeit, Krisen und Konflikte sein. Durch „Verstellen“ werden Bindungen zum Team und zu Führungskräften sowie produktives Arbeiten verhindert. Das Blockieren von Gefühlen bindet Energien, die woanders fehlen! Eine Gefühlskultur im Unternehmen kann sowohl „Runterschlucken“ als auch „Explodieren“ verhindern. Sie kann gewährleisten, dass Fehlentwicklungen rechtzeitig erkannt sowie Entwicklungspotenziale genützt werden und präventiv Burn-out, Mobbing und Ineffizienz entgegenwirken.
Führungskräfte mit Gefühl
„Ihr könnt immer zu mir kommen“ reicht heute nicht mehr aus. Vielmehr erfordert unsere heutige Arbeitswelt im Sinne einer Gefühlskultur eine Kombination von direkten und indirekten Maßnahmen: Führungskräfte müssen aktiv auf ihre ArbeitnehmerInnen zugehen, einen Rahmen schaffen, der es ermöglicht, Fragen, Ideen, Probleme und Kritik einzubringen. Auch eigene Fehler einzugestehen und Unsicherheiten zuzugeben, trägt zu einer Gefühlskultur bei. Wenn statt Distanz Vertrauen und Autonomie unterstützt werden, wenn Gefühle nicht beim externen Coach abgegeben werden müssen, entsteht mehr Bindung zum Unternehmen, zur Arbeit und zu KollegInnen.
Lösungen
Neben individuellen Strategien des „Runterkommens“, wie kurz aus dem Raum gehen, Wasser trinken, tief durchatmen, hilft in schwierigen Situationen vor allem das persönliche Gespräch mit vertrauten KollegInnen. Führungspersonen können „Gefühlsminuten“ in den ersten Minuten eines Meetings oder Rituale, wie die regelmäßige „Jammerstunde“, einplanen. Regelmäßige Angebote zur Wahrnehmung und zum Management von Gefühlen in Form von Teambuilding können unterstützen. Gute Organisationen haben gute Beziehungen!