Längere Arbeitszeiten machen krank
Aus arbeitsmedizinischer und arbeitswissenschaftlicher Sicht sind Arbeitszeiten von täglich 12 Stunden und wöchentlich 60 Stunden abzulehnen, weil durch die lange Arbeitsdauer körperliche, psychische und gesundheitliche Belastungen entstehen, die die Gesundheit der Arbeitnehmer/innen enorm gefährden.
Bei Arbeitszeiten von täglich neun, zehn oder sogar zwölf Stunden ist mit folgenden fünf Risiken zu rechnen:
Progressiver Anstieg der Ermüdung
Bei jeder Art der Arbeit nimmt mit der Dauer der täglichen Arbeitszeit die Ermüdung progressiv zu. Ohne adäquaten Ausgleich der Ermüdung steigt die Beanspruchung, was mittelfristig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Beschwerden und Erkrankungen führen kann.
Bei körperlich sehr anstrengender Arbeit (z. B. am Bau) und bei mental (geistig) und emotional sehr anstrengender Arbeit (z. B. in der EDV, bei Kundenverkehr, viele Bürotätigkeiten) muss mit einem sehr starken Anstieg der Ermüdung bei langen täglichen Leistungen gerechnet werden
(nach Rohmert 1992).
Geringere Leistung pro Zeiteinheit
Wenn länger als acht Stunden gearbeitet werden muss, ist bei schwerer körperlicher Arbeit nur noch mit einer relativ geringeren Leistung pro Zeiteinheit zu rechnen (nach Lehmann in Hettinger & Wobbe 1993, S. 466).
Höheres Arbeitsunfallrisiko
Das relative Unfallrisiko nimmt bei überlangen Arbeitszeiten deutlich bis zu 28% zu (nach Hänecke et al. 1998). Bei einer Analyse von Fernfahrerunfällen fand Hamelin (1981) ein 3,5-fach erhöhtes Risiko, wenn Fahrer länger als acht Stunden fuhren. Bei körperlicher Schwerarbeit registrierte Hettinger (1970) in der Gruppe mit Überstunden 30% mehr Unfälle als in der Gruppe ohne Überstunden.
Höherer Krankenstand
Versuche in der deutschen Automobilindustrie mit 9-Stunden-Schichten am Fließband führten zu einem deutlichen Anstieg des Krankenstandes, der bei Parallelbetrieben mit 8-Stunden-Schichten nicht beobachtet wurde.
Probleme in Bezug auf die Aufnahme und den Abbau von gesundheitsschädigenden Arbeitsstoffen im Körper
Im ArbeitnehmerInnenschutz sind für mehrere hundert gesundheitsschädigende Arbeitsstoffe Grenzwerte festgelegt; Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Werte) und Technische Richtkonzentration (TRK-Werte). Die MAK- und TRK-Werte beziehen sich immer auf acht Stunden und dürfen bei längeren Arbeitsschichten nicht einfach linear extrapoliert werden. Am Beispiel der Toxinmenge im Blut stellte Jung et al. (1997) fest, dass bei längeren Schichten im Vergleich zur 8-Stunden-Schicht eine stärkere Akkumulation der Aufnahme über mehrere Wochen bei überlangen Schichten erfolgt ist.