Gesunde Arbeit

Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz: EU legt strategischen Rahmen mit Zielen für 2014-2020 fest

Um die mehr als 217 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU besser vor arbeitsbedingten Unfällen und Erkrankungen zu schützen, hat die Europäische Kommission am Freitag, 6. Juni 2014, einen neuen strategischen Rahmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2014-2020 vorgestellt. Von gewerkschaftlicher Seite wurde die neue Strategie in einer ersten Stellungnahme als schwach und substanzlos kritisiert.

Darin sind wesentliche Herausforderungen und strategische Ziele für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz festgelegt und wichtige Maßnahmen und Instrumente zur Bewältigung der Herausforderungen aufgeführt. Dieser neue Strategierahmen soll dafür sorgen, dass die EU, entsprechend der Strategie Europa 2020, bei der Förderung hoher Standards für Arbeitsbedingungen sowohl in Europa als auch weltweit weiterhin eine Führungsrolle spielt.

Die erste gewerkschaftliche Stellungnahme kommt von Józef Niemiec, Deputy General Secretary of the European Trade Union Confederation (ETUC): Die Strategie komme zu spät und sei substanzlos. Die Strategie enthalte keine konkreten Vorschläge für Maßnahmen und keine spezifischen Verbesserungen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Die Strategie schlage Sicherheit und Gesundheitsschutz als Teil des REFIT-Programmes vor. ArbeitnehmerInnenschutz sei aber keine bürokratische Last.

László Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration erklärte: „Heute erneuert die Kommission ihre Zusage, sich für die kontinuierliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Menschen in der EU einzusetzen. Die Menschen haben ein Recht darauf, zu arbeiten, ohne am Arbeitsplatz Gesundheits- oder Sicherheitsrisiken ausgesetzt zu sein. Dennoch erleiden jedes Jahr über 3 Millionen Arbeitnehmer in der EU einen schweren Arbeitsunfall, und 4000 sterben bei Arbeitsunfällen. Arbeitsbedingte Unfälle und Erkrankungen gibt es in allen Branchen und Berufen, ganz gleich, ob die Menschen am Schreibtisch oder am Steuer eines Lkw sitzen, in einer Mine oder auf einer Baustelle arbeiten. Damit ist nicht nur persönliches Leid verbunden, es verursacht auch den Unternehmen und der Gesellschaft als Ganzem hohe Kosten. Dieser neue strategische Rahmen soll zu höherer Arbeitsplatzqualität und mehr Arbeitszufriedenheit beitragen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität europäischer Unternehmen, insbesondere kleiner Firmen, verbessern sowie die Kosten für die Systeme der sozialen Sicherheit senken.“

Im strategischen Rahmen sind die drei wichtigsten Herausforderungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz aufgeführt:

  • Bessere Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz, insbesondere durch die Verbesserung der Fähigkeit von Kleinst- und Kleinunternehmen zur Einführung wirksamer und effizienter Risikopräventionsstrategien
  • Verbesserung der Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen durch die Bekämpfung neuer und aufkommender Risiken, ohne die bestehenden Risiken zu vernachlässigen
  • Berücksichtigung des Alterns der Erwerbsbevölkerung in der EU

Im strategischen Rahmen wird vorgeschlagen, diesen Herausforderungen mit einer Reihe von Maßnahmen zur Verwirklichung sieben strategischer Ziele zu begegnen:

  • Weitere Konsolidierung der nationalen Strategien für Sicherheit und Gesundheitsschutz, beispielsweise durch Politikkoordinierung und wechselseitiges Lernen
  • Praktische Unterstützung von Klein- und Kleinstunternehmen, um ihnen die Einhaltung der Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz zu erleichtern. Die Unternehmen würden technische Unterstützung und praktische Hilfsmittel erhalten, wie beispielsweise das Online-Instrument für die interaktive Gefährdungsbeurteilung (OiRA), eine Web-Plattform, die branchenbezogene Instrumente zur Gefährdungsbeurteilung anbietet
  • Bessere Durchsetzung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten, beispielsweise mittels Bewertung der Leistung nationaler Arbeitsaufsichtsbehörden
  • Vereinfachung der bestehenden Rechtsvorschriften, wo angezeigt, zwecks Beseitigung unnötigen Verwaltungsaufwands bei gleichzeitiger Wahrung eines hohen Sicherheits- und Gesundheitsschutzniveaus für die Arbeitnehmer
  • Berücksichtigung der Alterung der Erwerbsbevölkerung und Verbesserung der Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen zur Bewältigung bestehender und neuer Risiken, die z. B. von Nanomaterialien, grüner Technologie und Biotechnologie ausgehen
  • Verbesserung der Erhebung statistischer Daten im Interesse einer besseren Informationsgrundlage und Weiterentwicklung von Monitoringinstrumenten
  • Bessere Koordinierung mit internationalen Organisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und internationalen Partnern, um zur Reduzierung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen weltweit beizutragen

Im strategischen Rahmen sind Instrumente zur Umsetzung dieser Maßnahmen aufgeführt: Sozialer Dialog, Sensibilisierung, Durchsetzung von EU-Recht, Synergien mit anderen Politikbereichen (beispielsweise öffentliche Gesundheit, Bildung) und EU-Fonds wie der Europäische Sozialfonds (ESF) und das Programm für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI) können die Durchsetzung von Vorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz unterstützen.

Der strategische Rahmen wird 2016 überprüft, um eine Bilanz der Umsetzung zu ziehen und den Ergebnissen der laufenden umfassenden Bewertung der EU-Vorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz, die Ende 2015 vorliegen wird, Rechnung zu tragen.


Hintergrund
Investitionen in eine Kultur der Risikoprävention und die Förderung besserer Arbeitsbedingungen bieten insbesondere vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise wirtschaftliche und soziale Vorteile, beispielsweise weniger arbeitsbedingte Unfälle und Erkrankungen, größeres Wohlbefinden der Mitarbeiter und höherer Arbeitszufriedenheit. EU-weit vergleichbare Vorschriften schaffen außerdem gleiche Ausgangsbedingungen für alle Unternehmen im Binnenmarkt und dienen dabei der notwendigen Prävention von Sozialdumping.

Der neue strategische Rahmen stützt sich auf die EU-Strategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007-2012, die insbesondere dazu beitrug, die Zahl der Arbeitsunfälle, die zu Fehlzeiten von mehr als drei Tagen führten, in der EU um 27,9 % zu senken. Diese Strategie bot einen gemeinsamen Koordinierungsrahmen und gab eine gemeinsame Richtung vor. 27 Mitgliedstaaten verfügen mittlerweile über eine eigene Strategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, die an den jeweiligen Landeskontext und an zentrale Schwerpunktbereiche angepasst wurde. Die Bewertung der Strategie für die Jahre 2007-2012 bestätigte den Wert eines strategischen Rahmens auf EU-Ebene für politische Maßnahmen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz und verdeutlichte, dass Ziele, Prioritäten und Arbeitsmethoden auf den Prüfstand müssen, damit der strategische Rahmen der EU an veränderte Arbeitsmuster und neue Risiken angepasst werden kann.

Im strategischen Rahmen sind die Auffassungen der EU-Institutionen und der Vertreter von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen berücksichtigt, ferner die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation aus dem Jahr 2013, die dazu diente, aktuelle und künftige Herausforderungen im Bereich der Sicherheit und Gesundheit zu erkennen (IP/13/491), sowie die auf der Konferenz über Arbeitsbedingungen am 28. April 2014, die den Konsultationszyklus abschloss, vorgetragenen Standpunkte.

Weiterführende Infos finden Sie auf der Website der Europäischen Kommission.

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