Gesunde Arbeit

Normung nur von reichen Expertinnen/Experten?

Die Arbeiterkammer spricht sich klar gegen jegliche Teilnahmegebühren für die Mitwirkung an der Normung aus. Derartige Beiträge werden seit 2014 vom Austrian Standards Institute (ASI) verrechnet.

Seit 2014 verrechnet das Austrian Standards Institute (ASI) für jede Person, die an der Normung teilnimmt, einen jährlichen Teilnahmebeitrag in Höhe von 450,00 Euro zuzüglich 10 % MwSt.

Bisher stellten zahlreiche Expertinnen und Experten ihren Sachverstand dem ASI unentgeltlich zur Verfügung. Das ASI profitiert massiv von diesem oftmals hoch spezialisierten Expertenwissen. Man könnte sich daher vielmehr die Frage stellen, ob nicht Expertinnen und Experten eigentlich einen Vergütungsanspruch für ihre Tätigkeit in den Komitees des ASI haben sollten?

Die Arbeiterkammer spricht sich klar gegen jegliche Teilnahmegebühren aus. Wir sind nicht die einzige Organisation, die mit diesem Teilnahmebeitrag nicht einverstanden ist. Unterstützung kommt beispielsweise von der Österreichischen Ärztekammer. Direktor Dr. Lukas Stärker meint zum „interessanten“ ASI-Geschäftsmodell: „Ich brauche zwar deine Expertise, aber dafür darfst du mir auch noch etwas zahlen. Auf diese Weise versucht man die Realität umzudrehen.“

Verschärfend kommt hinzu, dass die Normung hauptsächlich auf dem europäischen und internationalen Parkett (CEN und ISO) stattfindet. Die Reisekosten an oft weit entfernt liegende Orte und die Arbeitszeiten müssen in der Regel selbst getragen werden. So kommt es, dass die Beeinflussung von Normen durch „Expertinnen und Experten“ letztlich nur mehr finanzkräftigen Organisationen und internationalen Konzernen vorbehalten bleibt. Eine sichere Strategie, um Marktanteile zu generieren oder neue Märkte zu schaffen. Die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Konsumentinnen und Konsumenten bleiben so auf der Strecke. Einige Expertinnen haben sich aus der Normung bereits verabschiedet.


Öffentlichen Auftrag nicht vergessen
Das ASI hat einen öffentlichen Auftrag zur Erstellung von ÖNORMEN. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a NormenG darf diese Befugnis zur Erstellung von ÖNORMEN unter anderem nur dann ausgeübt werden, wenn entsprechend ihrem Wirkungsbereich Stellen der Hoheits- und Wirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder, einschließlich etwa bestehender selbstständiger Wirtschaftskörper, die Vertreter der Wissenschaft sowie die am Normenwesen interessierten Standesvertretungen als Interessenvertretungen der Erzeuger und Verbraucher mitwirken. Eine Teilnahmegebühr steht somit in Widerspruch zu dieser breit angelegten gesetzlichen Mitwirkungsbefugnis.

Da ÖNORMEN durch Gesetz Verbindlichkeit erlangen können und gesetzlichen Charakter aufweisen, die viele Personengruppen betreffen, ist es ohnehin bereits bedenklich, dass die von Expertinnen und Experten erarbeitete Norm nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, sondern von Interessierten extra zu bezahlen ist. Wer eine Norm beziehen will, landet in der Regel im Webshop des ASI.


Standpunkt des ASI
Das ASI sagt dazu: „Die Einhebung eines Teilnehmerbeitrags ist aufgrund der schwierigen budgetären Lage des ASI … sogar gesetzlich geboten“ (gemäß § 2 Abs. 1 lit. b NormenG). Gleichzeitig erfolgt der Verweis auf andere Staaten wie Deutschland, in denen höhere Beiträge verlangt werden. Dennoch besteht Hoffnung auf eine Änderung. Das ASI meint: „Freilich sind auch andere Finanzierungsmodelle denkbar – allerdings stehen auch unsere (bisher einzigen) Finanzierungspartner, BMWFW und WKO, unter Budgetdruck.“

Nun enthält das aktuelle Regierungsprogramm Vorschläge für das Normungswesen, unter anderem eine Neuausrichtung der Finanzstruktur des Normenwesens unter gleichzeitiger Entlastung der Anwender sowie einen erleichterten Zugang zu Normen und zur Mitarbeit im Normungsprozess für KMU. Die Arbeiterkammer wird sich in diesen Diskussionsprozess aktiv einbringen.

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