Gesunde Arbeit

Elektromagnetische Felder am Arbeitsplatz

Ab 1. Juli 2016 muss die EU-Richtlinie „Elektromagnetische Felder am Arbeitsplatz“ (2013/35/EU) in Österreich umgesetzt sein. Welche ArbeitnehmerInnen und Arbeitsplätze sind besonders exponiert, welche Schutzmaßnahmen erscheinen sinnvoll und wie kann die neue Verordnung zum Schutz der Betroffenen beitragen?

Erzeugen Arbeitsmittel elektromagnetische Felder (EMF), so sind diese nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) und dem Stand der Technik zu evaluieren. Die neue EMF-Verordnung legt nun fest, welche Grenzwerte gelten sollen und welche Maßnahmen bei Überschreitungen zu setzen sind. Evaluierungstools und Messungen werden Aufschluss über die tatsächliche Exposition geben und im Anschluss die Grundlage für Schutzmaßnahmen bilden. Mit der neuen Verordnung bietet sich nun die Gelegenheit, wirkungsvolle und nachvollziehbare Standards für die nächsten Jahre festzulegen.

EMF – Exposition
Elektromagnetische Felder sind mittlerweile allgegenwärtig. Da Informations- und Kommunikationstechnologien immer wichtiger werden, hat die Exposition von ArbeitnehmerInnen in den letzten Jahren stark zugenommen. Aber auch moderne Geräte im Produktions- und Gesundheitsbereich können die Verursacher von starken elektromagnetischen Feldern sein.

Grob kann man bei EMF anhand der Frequenz zwischen Niederfrequenz, Mittelfrequenz und Hochfrequenz unterscheiden. Die Palette der Strahlungsquellen reicht von Mobiltelefonen, Mikrowellenherden, Induktionshärteanlagen, Plastikschweißmaschinen, Diathermiegeräten und Magnetresonanztomographen bis zu Radaranlagen. Die Strahlungsquellen können offen, wie beim Rundfunk, Mobilfunk und Hochspannungsleitungen, oder auch umschlossen sein.

An Arbeitsplätzen kommen vermehrt umschlossene Strahlungsquellen wie Induktionsöfen, Kunststoff-Schweißgeräte oder die Mikrowellenerwärmung zur Trocknung oder Härtung von Werkstoffen zum Einsatz.

Die Vermeidung von Gesundheitsrisiken beim Umgang mit diesen teils neuen Technologien soll mit der neuen Verordnung und deren Grenzwerten sichergestellt werden.


Wirkung und Gefahren
Die Wirkung von elektromagnetischen Feldern (EMF) auf den menschlichen Körper teilt sich in zwei Hauptgruppen auf. Thermische Wirkungen, die dem Hochfrequenzbereich zuzuordnen sind, sorgen für eine Erwärmung des Gewebes.

Anderseits kommt es auch zu Reizwirkungen, die dem Niederfrequenzbereich zuzuordnen sind. Dabei handelt es sich um die Stimulation von Muskeln und Nerven oder Auswirkungen auf Sinnesorgane.
Im Mittelfrequenzbereich überschneiden sich erwartungsgemäß diese Wirkungen. Die Langzeitwirkungen werden in dieser Sichtweise jedoch nicht berücksichtigt.

Zu den EMF-Risikobereichen zählen etwa Arbeitsplätze bei elektrischen Schweißarbeiten, bei der Elektrolyse oder an Magnetresonanztomographen (MRT). Ähnlich verhält es sich bei Arbeitsplätzen in Umspann- und Kraftwerken oder im Nahbereich von Sendeanlagen.

Bei vielen wissenschaftlichen Untersuchungen von Mobilfunkstrahlen wurden in den letzten Jahren aber auch andere Effekte beobachtet, die nicht zu den oben genannten Hauptwirkungsarten zählen und auch unterhalb der derzeitigen Grenzwerte auftreten können. Da diese Effekte nicht mit Reizung oder Erwärmung von Gewebe erklärbar sind, werden sie als athermische oder Niederdosiseffekte bezeichnet.
Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat hochfrequente EMF 2011 als „möglicherweise krebserregend für den Menschen“ eingestuft.


Schutzmaßnahmen vor elektromagnetischen Feldern
Grundsätzlich gilt es, bei EMF die Exposition zu vermeiden. Alternativ kann die Strahlenquelle abgeschirmt werden. Ist dies nicht möglich, sollte der Abstand zur Quelle vergrößert oder die Aufenthaltszeit so kurz wie möglich gehalten werden. Als letzte Schutzmaßnahme kann noch spezielle Schutzkleidung zum Einsatz kommen.

Zu bedenken ist auch, dass Personen mit Implantaten (Herzschrittmacher, Insulinpumpen usw.) möglicherweise durch die Felder beeinträchtigt und Störungen hervorgerufen werden. Bereiche, Arbeitsplätze oder Räume, wo diese Felder wirken, sind deshalb zu kennzeichnen (Warnschilder für Herzschrittmacher, Zutrittsverbote usw.). Natürlich sind die ArbeitnehmerInnen über die entsprechenden Gefahren zu informieren und im richtigen Umgang mit dem elektromagnetischen Feld und mit den Arbeitsmitteln zu unterweisen.


Büroarbeitsplätze
Zur Beurteilung von Büroarbeitsplätzen kann das von der AUVA entwickelte und kostenlose Softwaretool EMES (Elektromagnetische Felder Evaluierungssystem) verwendet werden. Damit kann auf einfache Weise entschieden werden, ob eine Grenzwertüberschreitung auszuschließen ist. Die Arbeitsinspektion stellt auf ihrer Homepage dazu ein Merkblatt zur Verfügung.

Sinnvolle Grenzwerte sind gefordert
Die EU-Richtlinie sieht messbare Auslöseschwellen und berechenbare Expositionsgrenzwerte (ExpGW) vor. Dass es niedrige und hohe Auslöseschwellen geben soll, scheint jedoch nicht nachvollziehbar. Diese Differenzen, mit möglichen Unterschieden zwischen sensorischen und gesundheitlichen Wirkungen, würden wohl allerorts zur Verwirrung beitragen.

Die Evaluierung selbst kann in gewohnter Weise mittels technischer Angaben und einer darauf basierenden Berechnung (Bewertungen, Datenbanken usw.) oder anhand einer Messung vor Ort durchgeführt werden.

Werden Auslöseschwellen überschritten und die ExpGW nicht (nachweislich) unterschritten, sind entsprechend dem Maßnahmenprogramm Schutzmaßnahmen zu setzen. Diese reichen vom Einsatz strahlungsärmerer Geräte über Vergrößerung des Abstandes bis zu organisatorischen und persönlichen Maßnahmen.

Dass bereits in der EU-Richtlinie Ausnahmen vorgesehen sind (für MRT oder andere, durch die Behörde genehmigte Anwendungen), die eine vorübergehende Überschreitung der Expositionsgrenzwerte erlauben, wirft doch einige grundsätzliche Fragen auf.

Dass sogar die Überschreitung von Auslöseschwellen und Grenzwerten für sensorische Wirkungen möglich sein soll, ist jedoch bereits als inakzeptabel anzusehen. Der Hinweis, dass ArbeitnehmerInnen über mögliche Symptome zu unterrichten sind, geht ins Leere, da diese Vorgangsweise eigentlich den Grundprinzipien des ArbeitnehmerInnenschutzes widerspricht. Eher gleicht es einem Auswahlverfahren für EMF-resistente MitarbeiterInnen. Eine Diskriminierung schwächer konstituierter Personen ist damit vorprogrammiert.

Ziel aller Beteiligten kann nur eine, dem Vorsorgeprinzip entsprechende Verordnung mit einer Auslöseschwelle und einem dazugehörigen Grenzwert sein. Aufgrund vieler offener Fragen werden die Vorschläge zur nationalen Umsetzung mit Spannung erwartet.

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