Gesunde Arbeit

Beauftragte im Betrieb sichern den ArbeitnehmerInnenschutz

Im Auftrag Ihrer Sicherheit

Als Fachkräfte direkt vor Ort leisten Brandschutzwarte, ErsthelferInnen & Co einen wichtigen Beitrag zum ArbeitnehmerInnenschutz und stellen keine Verwaltungslast dar.
Ein Brandschutzbeauftrag­ter bei der Überprüfung des Feuerlöschers
ErsthelferInnen versorgen Verletzte nach Arbeits­unfällen
Beauftragte im Betrieb sichern den Arbeit­nehmer­Innenschutz
Ein Brandschutzbeauftrag­ter bei der Überprüfung des Feuerlöschers
ErsthelferInnen versorgen Verletzte nach Arbeits­unfällen
Beauftragte im Betrieb sichern den Arbeit­nehmer­Innenschutz

Wer pauschal Bürokratieabbau fordert, kommt in der Regel gut damit an. Konkrete und nachhaltige Veränderungen zu erarbeiten und umzusetzen ist allerdings meist langwierig und komplex. So arbeitet etwa die EU seit Jahren an Maßnahmen zum Bürokratieabbau. In Österreich hat Minister Mitterlehner – um „Überverwaltung abzubauen“ – im vergangenen Herbst unter anderem die betrieblichen Beauftragten „ins Visier genommen“.

HebeanlagenwärterInnen, Verantwortliche für elektrische Anlagen sowie Brandschutzgruppen wurden abgeschafft. Darüber hinaus wurde die Vereinbarkeit der Funktionen Sicherheitsfachkraft und Sicherheitsvertrauensperson betont. Durch dieses Vierer-Paket erwartete man Einsparungen von 28 Mio. Euro pro Jahr.

AK-Expertin Julia Nedjelik-Lischka bezweifelt das: „Die Verpflichtung zum ArbeitnehmerInnenschutz besteht nach wie vor. Feuerpolizeiliche Vorschriften etwa müssen nach wie vor eingehalten werden, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Betroffene Unternehmen werden sich auch weiterhin mit den technischen und organisatorischen Erfordernissen, die für den Betrieb einer elektrischen Anlage erforderlich sind, auseinandersetzen müssen. Die Verbindlichkeit der ÖVE/ÖNORM EN 50110-1 wurde zwar aufgehoben, wodurch in den meisten Fällen kein/e Anlagenverantwortliche/r mehr genannt werden muss. Gemäß ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und Elektroschutzverordnung stellt die ÖVE/ÖNORM EN 50110-1 den Stand der Technik dar und ist für Betreiber von elektrischen Anlagen anzuwenden.“ Ähnliches gilt für HebeanlagenwärterInnen: Bei Problemen muss jetzt ein/e TechnikerIn der Aufzugsfirma geholt werden, vorher hätte das vielleicht ein/e Beauftragte/r im Betrieb beheben können.


Kosten-Nutzen-Rechnung
„Die Kosten für Beauftragte – für Aus- und Fortbildung etc. – lassen sich relativ leicht aufzählen“, so Nedjelik-Lischka, „der Nutzen von Maßnahmen zum ArbeitnehmerInnenschutz, zur Gesundheitsförderung etc. lässt sich zwar nicht so einfach darstellen, ist aber laut vielen internationalen Studien sehr beachtlich.“

Im Übrigen dürften die bürokratischen Hindernisse in Österreich gar nicht so groß sein wie oft dargestellt. Nur 34,5 Prozent der österreichischen Unternehmen empfinden die Komplexität der gesetzlichen Auflagen als Schwierigkeit beim Umgang mit Sicherheit und Gesundheitsschutz (EU-Durchschnitt: 40 Prozent). Das war eines der Ergebnisse der Zweiten Europäischen Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken, die Ende Juni 2015 präsentiert wurde. Die Studie (ESENER-2) liefert aktuelle Daten zum Umgang mit arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken in Europa. Dafür wurden 2014 nahezu 50.000 Unternehmen aus 36 Ländern befragt – darunter alle 28 EU-Mitgliedstaaten.


Beauftragte von A bis Z
Von Abfall über Evakuierung bis zur Umwelt: Für viele Bereiche gibt es Beauftragte. Manche auf freiwilliger Basis wie etwa die Umweltbeauftragten, manche sind gesetzlich vorgeschrieben. Die verpflichtenden ArbeitnehmerInnenschutz-Funktionen sind:

Sicherheitsfachkraft (SFK): Berät und unterstützt vor allem die Arbeitgeber in Fragen der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung (§ 73 ASchG). Die typische SFK ist nach wie vor männlich : Laut einer Schwerpunktaktion des Zentral-Arbeitsinspektorats 2011 („Betreuung der österreichischen Betriebe durch Präventivdienste“) sind selbst in den Betrieben mit mehr als 50 Prozent weiblicher Belegschaft nur sieben Prozent der SFK Frauen. Bei ArbeitsmedizinerInnen hingegen ist das Geschlechterverhältnis relativ ausgewogen.

ArbeitsmedizinerInnen (AM): Sie zählen neben den SFK zu den Präventivfachkräften. Für Arbeitsstätten mit bis zu 50 Beschäftigten (wenn das Unternehmen insgesamt max. 250 AN beschäftigt) bietet AUVAsicher gratis Betreuung durch SFK, AM oder ArbeitspsychologInnen an (§ 79 ASchG).

ArbeitspsychologInnen (AP): Auch AP sind im Hinblick auf Arbeitsorganisation, Arbeitsgestaltung und die Evaluierung psychischer Belastungen hinzuzuziehen (§ 82b ASchG).

Arbeitsschutzausschuss (ASA): Bei zumindest jährlichen ASA-Treffen koordinieren sich in Arbeitsstätten mit mindestens 100 Beschäftigten Arbeitgeber, BetriebsrätInnen und betriebliche ExpertInnen. Im Falle mehrerer Arbeitsstätten eines Unternehmens ist ein Zentraler Arbeitsschutzausschuss erforderlich (§ 88 ASchG).

Sicherheitsvertrauenspersonen (SVP): Informieren, beraten und unterstützen die Beschäftigten und Belegschaftsorgane in Fragen von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Sie achten auf das Vorhandensein und die Anwendung von Schutzmaßnahmen und informieren ArbeitgeberInnen über bestehende Mängel. In Betrieben, in denen regelmäßig mehr als zehn ArbeitnehmerInnen beschäftigt sind, ist die Bestellung einer SVP verpflichtend. „Leider sind in vielen Unternehmen keine SVP bestellt“, weiß die AK-Expertin. „Wichtig ist auch, dass alle Beschäftigten berücksichtigt werden, also Tag- und Nachtschicht, alle Altersstufen, MitarbeiterInnen mit verschiedenen Muttersprachen usw.“

ErsthelferInnen: Für jede Arbeitsstätte erforderlich, nach § 40 AStV (Arbeitsstättenverordnung). ErsthelferInnen benötigen einen Erste-Hilfe-Kurs und müssen ihre Kenntnisse regelmäßig auffrischen.

Personen für Brandbekämpfung und Evakuierung: Sie rufen bei Bränden die Feuerwehr, kontrollieren, ob bei Alarm alle Beschäftigten die Arbeitsstätte verlassen haben, und können den Feuerlöscher bedienen. Keine spezielle Ausbildung erforderlich; für alle Betriebe, in denen kein/e Brandschutzbeauftragte/r, keine Brandschutzwarte oder Betriebsfeuerwehren eingerichtet oder vorgeschrieben sind.

Außerdem sind entsprechend ausgebildete Beauftragte für spezielle Tätigkeiten und Gefahren vorgeschrieben: Sprengbefugte, verantwortliche Beauftragte für Baustellen oder Bohrarbeiten, PlanungskoordinatorInnen, Strahlenschutzbeauftragte, Giftbeauftragte etc.

Extern oder intern?
Eine Person kann – bis auf wenige Unvereinbarkeiten – mehrere Funktionen ausüben. SVP oder Präventivfachkräfte (SFK, AM,) können rechtswirksam nicht als verantwortliche Beauftragte bestellt werden.

Die meisten Funktionen können sowohl von externen ExpertInnen als auch von entsprechend geschulten Beschäftigten ausgeübt werden. Angestellte Beauftragte haben den Vorteil, dass sie den Betrieb sehr gut kennen und direkt vor Ort sind. Externe Beauftragte wiederum sind neutraler und können unbeliebte Maßnahmen unter Umständen besser beurteilen und vertreten.

Für die Einhaltung des ArbeitnehmerInnenschutzes (z. B. Arbeitszeit, Arbeitsruhe, Kinder- und Jugendlichenbeschäftigung, Mutterschutz, technischer ArbeitnehmerInnenschutz) können sogenannte verantwortliche Beauftragte bestellt werden, die für einen räumlich oder sachlich klar abgegrenzten Bereich auch verwaltungsstrafrechtlich für die Einhaltung von Vorschriften zuständig sind. Als verantwortliche Beauftragte dürfen ausschließlich leitende Angestellte bestellt werden, die entsprechende Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen bekommen haben.

Manche Unternehmen schulen aus eigenem Antrieb Beschäftigte für spezielle Aufgaben. Beim Pharmakonzern Baxter etwa werden seit einigen Jahren sogenannte Ergo-Guides ausgebildet. Rund 200 MitarbeiterInnen haben dort bisher im Rahmen eines maßgeschneiderten Qualifizierungsprogramms Kompetenzen auf dem Gebiet der ergonomiebezogenen Gefahrenermittlung und -beurteilung erworben. Baxter wurde dafür mit dem Staatspreis für Arbeitssicherheit 2011 ausgezeichnet.


Deregulierung auf Kosten der Beschäftigten?
REFIT, das EU-Programm zum Bürokratieabbau, wurde Ende 2012 von der Kommission vorgestellt, und seit damals engagieren sich AK und ÖGB dafür, dass durch diese Entbürokratisierung keine Sicherheits- und Gesundheitsstandards sowie grundlegende ArbeitnehmerInnenrechte ausgehebelt werden. Frank Ey, Experte in der EU-Abteilung der AK Wien: „Mit REFIT hat die Kommission ein Programm ins Leben gerufen, das unter dem offiziellen Motto ‚Vorfahrt für KMU‘ nur auf die Interessen von Unternehmen ausgerichtet ist. Die Interessen anderer gesellschaftlicher Gruppierungen spielen hingegen offensichtlich keine Rolle.“ Für KMU sind zahlreiche Deregulierungsmaßnahmen und Ausnahmeregelungen vorgesehen. In Österreich, wo ca. 99,6 Prozent der Unternehmen zu den KMU zählen, wären diese Ausnahmen dann eher die Regel.

Im Rechtsausschuss des EU-Parlaments wurde bereits im Juni abgestimmt. Eine Reihe von Vorschlägen der AK fand Eingang in den Parlamentsbericht:

  • So darf REFIT nicht dazu missbraucht werden, Standards im Gesundheits- und VerbraucherInnenbereich zu senken.
  • Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz müssen immer gelten, egal wie klein ein Unternehmen ist.
  • Die EU-Abgeordneten verlangen, dass Gesetzesvorschläge zu Erkrankungen des Bewegungsapparats, Passivrauchen und Karzinogenen weiter verfolgt werden und dass der Schutz der Beschäftigten gestärkt werden muss.

Das Europäische Parlament wird voraussichtlich im Herbst eine Resolution zu REFIT verabschieden. Um die Interessen von VerbraucherInnen, Beschäftigten, Umweltgruppen etc. besser vertreten zu können, haben vor Kurzem mehr als 50 europäische Organisationen die Plattform „Better Regulation Watchdog“ ins Leben gerufen. Unter den Gründungsmitgliedern finden sich auch ÖGB und AK.

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