Gesunde Arbeit

Arbeitsinspektion unterwegs: ArbeitnehmerInnenschutz – einmal anders

Erst durch den Einsatz des Arbeitsinspektorats kam einer Arbeitnehmerin jene Hilfe zugute, die diese wirklich gebraucht hat.

Am 22. Dezember langte ein Brief im Arbeitsinspektorat (AI) ein. Darin wurde beschrieben, dass eine Arbeitnehmerin, nennen wir sie Maria, seit ca. 25 Jahren in einem bekannten Gasthaus tätig ist.

„Maria arbeitet und lebt in der Arbeitsstätte, sie hat bisher keinen Urlaub genießen können, bekommt kein kollektivvertragliches Gehalt ausbezahlt, der Chef hat ihren Freund, der sie besuchen wollte, verjagt, hat sie zum Frauenarzt gebracht, damit sie die ‚Pille danach‘ bekommt“ und viele unglaubliche Begebenheiten mehr wurden geschildert.

Für mich war klar, dass sofort gehandelt werden muss. Ich fuhr unverzüglich zu diesem Gasthaus. Es gab keinerlei Unterlagen, die laut ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) notwendig sind; Maria wurde im Haus zu Reinigungsarbeiten, zum Wäschewaschen und Bügeln, zu Hilfe in der Küche und Service, Reinigung des Schwimmbades (allein spätabends, mit giftigen Chemikalien) und zu vielem mehr herangezogen. Ihre Unterkunft hatte keine Waschgelegenheit und keine Toilette.

Von mir wurde daher die Ermittlung und Beurteilung nach § 6 ASchG – Einsatz von ArbeitnehmerInnen – verlangt bzw. der Bescheid vom Bundessozialamt oder sonstige Unterlagen darüber. Außer dem Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde über „geschützte Arbeit“ konnte nichts gefunden werden. Es fanden sich aber Marias private Dokumente sowie der Reisepass und ein Sparbuch. Auf Nachfrage gab die Arbeitgeberin an, dass Maria nicht besachwaltet ist. Sie habe die Dokumente deshalb, weil Maria nicht mit Geld umgehen könne, und sie zahle das Geld, das Maria bekommt (Trinkgelder), auf das Sparbuch ein. Es gab keine korrekte Auszahlung eines Lohnes.

Maria war am Tag der Kontrolle nicht in der Arbeitsstätte anwesend. Es wurde eine Aufforderung nach § 9 Arbeitsinspektionsgesetz an die Arbeitgeberin geschrieben, wonach sie die Mängel zu beheben hat und den gesetzlich vorgeschrieben Zustand herstellen muss.

Weiters wurde der Strafantrag an die zuständige Bezirkshauptmannschaft (BH) gestellt, dass die Arbeitgeberin nicht dafür gesorgt hat, nach § 6 AschG den Arbeitsplatz der behinderten Arbeitnehmerin zu evaluieren, notwendige Maßnahmen festzulegen und jegliche Fürsorge für sie zu wahren.

Es wurde auch Kontakt mit der Arbeiterkammer (AK) und der BH aufgenommen. Die Anfrage bei der zuständigen Sozialversicherung ergab, dass Maria jedes Jahr mehrere Monate nicht angemeldet war.

Fazit meiner intensiven Interventionen: Die Arbeitgeberin musste auch, aufgrund der Anzeige der AK, das der Arbeitnehmerin zustehende Gehalt nachzahlen, sie wurde rechtskräftig im Verwaltungsstrafverfahren verurteilt. Auch die Gebietskrankenkasse führte ein Strafverfahren durch. Es wurde der Arbeitnehmerin letztendlich Gerechtigkeit zuerkannt.

In der Serie „Arbeitsinspektion unterwegs“ wird jeweils ein Fall aus der Praxis der Arbeitsinspektion vorgestellt.

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