Gesunde Arbeit

Die betriebliche Gesundheitsförderung: ein Allheilmittel?

Die AKNÖ setzt sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Themenbereich „Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz“ auseinander. Ein wesentlicher Kooperationspartner ist das Arbeitsmedizinische Zentrum (AMZ) in Mödling. „Gesunde Arbeit“ führte ein Interview mit dem ärztlichen Leiter des AMZ, Prim. Dr. Erich Pospischil, über die Herausforderungen und Aufgaben in der betrieblichen Gesundheitsförderung.
Dr. Erich Pospischil
Dr. Erich Pospischil

Herr Dr. Pospischil, die „betriebliche Gesundheitsförderung“ (BGF) scheint zurzeit das Allheilmittel zu sein, damit Menschen länger im Arbeitsprozess verbleiben können. Welche Rolle spielt in diesen Prozessen die Arbeitsmedizin?

Pospischil: Aus unserer Sicht umfasst Gesundheitsförderung die Schaffung, Entwicklung, Förderung und Erhaltung von gesunden Arbeits- und Lebensbedingungen. Ein wesentliches Merkmal stellt dabei auch das aktive (Mit-)Wirken der Betroffenen dar. Die ArbeitsmedizinerInnen beraten dabei die Beschäftigten, die Sicherheitsvertrauenspersonen und die Belegschaftsorgane in Angelegenheiten des Gesundheitsschutzes und der Gesundheitsförderung. Selbstverständlich sind dabei der Bezug auf die Arbeitsbedingungen und eine menschengerechte Arbeitsgestaltung das Maß der Dinge!

Die Krankenstandstage aufgrund psychischer Belastungen werden immer mehr. Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz hat auf diesen Umstand mit der Evaluierung psychischer Belastungen reagiert – wie wichtig sehen Sie diese Maßnahme im Zusammenhang mit sinnvoller BGF?

Pospischil: Die Evaluierung ist eine systematische Erhebung aller Gefährdungen und Belastungen, eben speziell psychosoziale Belastungen, die bei der Arbeit vorkommen können. Ziel ist dabei Belastungsabbau oder Belastungsmodifikation durch verbindliche Maßnahmenfestlegung. Dies ist Arbeitgeberpflicht und soll präventiv wirken. Sowohl bei der Evaluierung als auch bei der BGF ist eine Beteiligung der Mitarbeiter erforderlich und gesetzlich verpflichtet. Zeitlich muss immer der systematische Evaluierungsprozess am Beginn stehen, sonst werden relevante Belastungen übersehen.

Wesentliche Multiplikatoren für betriebliche Gesundheitsförderung sind BetriebsrätInnen. Worauf sollen BetriebsrätInnen und Sicherheitsvertrauenspersonen achten und auf wen können sie beim Aufbau eines BGF-Projektes setzen?

Pospischil: Hilfe und Unterstützung kommen von innerbetrieblichen Präventivkräften, externen Fachpersonen von Arbeitsmedizinischen Zentren, der Arbeitsinspektion sowie von ExpertInnen der AUVA und Gebietskrankenkassen. Der „Fonds Gesundes Österreich“ (FGÖ) bietet bei der Planung und Finanzierung wertvolle Unterstützung an.


BGF-Projekte: Tipps für BetriebsrätInnen und Sicherheitsvertrauenspersonen von Prim. Dr. Erich Pospischil

Worauf soll ein Betriebsrat/eine Sicherheitsvertrauensperson bei BGF-Projekten achten?

Pospischil: Voraussetzung für ein BGF-Projekt ist ein Konzept und die Bildung eines Projektsteuerkreises. Entscheidend für ein gutes Projekt sind die volle und ehrliche Unterstützung der Geschäftsleitung und die Sicherstellung der MitarbeiterInnenbeteiligung, wie dies durch Gesundheitszirkel und Fragebogenerhebungen erfolgen kann. Bei den Erhebungen muss ein vollständiger Datenschutz gesichert sein. Es müssen Methoden verwendet werden, die nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen geprüft wurden. Es muss auch bei der Planung bereits gesichert sein, dass nach der Erhebungsphase auch konkrete Maßnahmen abgeleitet werden können.

Welche Rolle spielen Führungskräfte bei BGF-Projekten?

Pospischil: Für das Gesundheitsgeschehen im Betrieb spielen Führungskräfte eine wichtige verantwortungsvolle Rolle. Sie müssen die Beteiligungsmöglichkeiten der MitarbeiterInnen sicherstellen und die erarbeiteten Maßnahmen auch weiterführen. BGF und die Evaluierung psychischer Belastungen sind keine abgeschlossenen Vorgänge, sondern kontinuierliche Prozesse, darin liegt auch eine Aufgabe der Führungskräfte.

Sind ArbeitspsychologInnen bei BGF-Projekten erforderlich?

Pospischil: Ja, sie sind die ExpertInnen im Bereich psychischer Belastungen, sichern die fachliche Expertise beim BGF-Ablauf und unterstützen bei der Moderation von Gesundheitsförderungsprozessen. Auch bei der Darstellung der Zusammenhänge von Ergebnissen und Auswirkungen der Belastungskomponenten sind ihre Fähigkeiten gefragt, und sie stehen den MitarbeiterInnen bei der Präsentation der Ergebnisse aus den Gesundheitszirkeln bei.

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