Gesunde Arbeit

Grenzwerte: Technisch machbar oder risikobasiert?

In Deutschland und in den Niederlanden wurde das Grenzwertesystem für die Verwendung von Krebs erzeugenden Arbeitsstoffen bereits vor Jahren auf risikobasierte Grenzwerte umgestellt. Kann das auch ein Konzept für Österreich sein?

Für viele Krebs erzeugende Stoffe, wie z. B. Benzol, können keine Grenzwerte aufgestellt werden, die mit Sicherheit vor einem Gesundheitsschaden schützen. Noch so geringe Expositionen können zu Krebs führen. In solchen Fällen gelten in Österreich statt der MAK-Werte (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) gesetzlich definierte TRK-Werte (Technische Richtkonzentration). TRK-Werte richten sich nach dem Stand der Technik; sie sind immer so weit wie möglich zu unterschreiten. Die Einhaltung des TRK-Wertes schließt eine Krebserkrankung nicht aus, doch vielen ArbeitnehmerInnen ist dies nicht bewusst. Sie fühlen sich sicher, da ja die Grenzwerte eingehalten werden. Dabei ist bei manchen Stoffen das Krebsrisiko, das dem TRK-Wert entspricht, sehr hoch. Noch dazu wurden TRK-Werte fast nie an den weiterentwickelten Stand der Technik angepasst.

Erkrankungsrisiko wird berücksichtigt
Ein Null-Risiko kann bei der Arbeit mit Krebs erzeugenden Stoffen nicht erreicht werden. Doch es ist möglich, das Risiko wesentlich zu senken, und zwar auf ein vom Stoff unabhängiges, einheitliches Niveau. Bei diesem Konzept wird die technische Machbarkeit nicht mehr in Betracht gezogen. Stattdessen wird aus der toxikologisch abgeleiteten Dosis-Wirkungs-Beziehung und einem allgemein geltenden Risikowert ein stoffspezifischer Grenzwert abgeleitet. Derartige Grenzwerte werden als „risikobasierte Grenzwerte“ bezeichnet.

Der zugrunde liegende Risikowert beantwortet die Frage: Welches Risiko, an Krebs zu erkranken, ist gesellschaftlich und politisch tragbar? Als Vergleich können andere Risiken betrachtet werden, denen Menschen im täglichen Leben ausgesetzt sind, wie z. B. Dieselruß. In Deutschland und den Niederlanden wurde das Konzept der „risikobasierten Grenzwerte“ für Krebs erzeugende Stoffe umgesetzt. Dort einigte man sich nach eingehender Diskussion, dass die Wahrscheinlichkeit für eine/n ArbeitnehmerIn, durch einen Arbeitsstoff an Krebs zu erkranken, nicht höher als eins in einer Million pro Arbeitsjahr sein soll.

Diese Grenzwerte können nur als Ergebnis einer gesellschaftspolitischen Diskussion aller Betroffenen, nicht aber von ExpertInnen allein festgesetzt werden.


Mehr Transparenz
Risikobasierte Grenzwerte führen besonders bei den betroffenen ArbeitnehmerInnen zu mehr Transparenz über die Gefährlichkeit von Krebs erzeugenden Arbeitsstoffen und bieten darüber hinaus Anreize für die Prävention. Deshalb treten auch wir in Österreich langfristig gesehen für eine Umstellung von TRK-Werten auf risikobasierte Grenzwerte ein.

Ingrid Reifinger, ÖGB, ingrid.reifinger@oegb.at
Christoph Streissler, AK Wien, christoph.streissler@akwien.at

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