Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer - für eine bessere Arbeitswelt
Auf der Tagesordnung standen auch die Diskussion und die Beschlussfassung über 68 Resolutionen und Anträge.
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
In einer Resolution fordert die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer von der Regierung eine arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Offensive. Ziel: 100.000 Arbeitslose weniger bis 2020. Nach Ansicht der Hauptversammlung muss sich diese Offensive insbesondere auf drei Säulen stützen:
- Öffentliche Investitionen, um die Konjunktur anzukurbeln und aktiv Beschäftigung zu schaffen.
- Faire Verteilung der Arbeit durch Zurückdrängen der unbezahlten und/oder regelmäßig geleisteten Überstunden, die verstärkte Verankerung von „Freizeit-Optionen“ in den Kollektivverträgen sowie der ernsthafte Einstieg in eine Debatte über eine generelle Verkürzung der Wochenarbeitszeit.
- Schaffung eines Qualifizierungsgeldes: Bildungskarenz, Bildungsteilzeit und Fachkräftestipendium sollen zu einem Qualifizierungsgeld und damit zu einer echten zweiten Ausbildungschance gebündelt werden. Notwendig dafür sind ein Rechtsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Bildungsfreistellung sowie ein Rechtsanspruch auf ein existenzsicherndes Qualifizierungsgeld während der Ausbildung.
Digitalen Wandel aktiv mitbestimmen, mitgestalten
Drei Anträge an die Hauptversammlung befassen sich umfassend mit der Zukunft der Arbeit. Mit der Digitalisierung entwickeln sich neue Formen der Arbeitsorganisation, Veränderungsprozesse werden intensiver und häufiger auftreten, die Auswirkungen auf die betriebliche Arbeitsrealität werden noch tiefer greifen. Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert insbesondere mehr Rechte für CrowdworkerInnen und die Modernisierung des Mitbestimmungsrechts im Rahmen des kollektiven Arbeitsrechts, um Möglichkeiten zur Mitgestaltung digitaler Veränderungen zu schaffen. Darüber hinaus fordert die Hauptversammlung, dass Kinder möglichst früh im eigenverantwortlichen Umgang mit digitalen Technologien vertraut gemacht werden.
Sozialstaat stärken und weiterentwickeln
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat nicht nur auf die Realwirtschaft und den Arbeitsmarkt negative Auswirkungen gehabt, auch das Vertrauen der Menschen in Politik, Institutionen und in die Zukunft wurde massiv erschüttert. Länder mit einer starken sozialstaatlichen Absicherung und einer funktionierenden Sozialpartnerschaft sind nachweislich besser durch die Krise gekommen als andere. Aus Sicht der Bundesarbeitskammer muss der Sozialstaat daher – nach der Devise Umbau statt Abbau – weiterentwickelt werden:
- Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit: Gelingt es, neu geschaffene Arbeitsplätze auch mit jenen zu besetzen, die aktuell als arbeitslos registriert sind, gibt es eine Doppeldividende: Die Zahlung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für diese Personen fällt weg, im Gegenzug fließen dem Staat durch die nunmehr Beschäftigten Abgaben und Steuern zu.
- Beschäftigung schaffen, von der die Menschen leben können.
- Soziale Dienstleistungen – v. a. Pflege, Ganztagsschulen, Kinderbetreuung – ausbauen.
- Der Sozialstaat wird zu stark über eine Belastung der Arbeitseinkommen finanziert. Höhere Steuern auf Vermögen und Vermögenseinkommen, vor allem auf hohe Erbschaften, und die Bekämpfung von Steuerflucht und –vermeidungspraktiken multinationaler Konzerne würden die Finanzierungsgrundlage des Sozialstaates verbessern, die Arbeitseinkommen entlasten und für mehr Gerechtigkeit sorgen.
Allgemeiner Kündigungsschutz für alle ArbeitnehmerInnen
Der österreichische Kündigungsschutz ist im Vergleich zu anderen EU-Staaten schwach ausgeprägt. Dazu kommt, dass der allgemeine Kündigungsschutz, also der Schutz vor sozialwidrigen oder aus verpönten Motiven ausgesprochenen Kündigungen voraussetzt, dass der/die betroffene ArbeitnehmerIn in einem Betrieb mit mindestens fünf ArbeitnehmerInnen beschäftigt ist. Die soziale und wirtschaftliche Situation von ArbeitnehmerInnen ist aber die gleiche, egal ob man in einem Betrieb mit weniger oder mehr als fünf ArbeitnehmerInnen beschäftigt ist. Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert ein Gesetz, wonach der allgemeine Kündigungsschutz des Arbeitsverfassungsgesetzes auch für Betriebe mit weniger als fünf Beschäftigten gilt.
Kein Zurückdrängen der Kollektivverträge
Immer wieder werden Kollektivverträge in Frage gestellt und die Verlagerung von Lohn- und Arbeitszeitverhandlungen auf die betriebliche Ebene gefordert. Damit sollen Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt durchgesetzt werden, die den Druck auf die ArbeitnehmerInnen, ihre Rechte und Löhne, auf Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen erhöhen und auf eine Schwächung der Gewerkschaften abzielen. Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer lehnt jeden Versuch, branchenweite Kollektivverträge zu schwächen bzw. zurückzudrängen und Lohn- und Arbeítszeitverhandlungen auf die betriebliche Ebene zu verlagern, entschieden ab. Nur Kollektivverträge sind geeignet, allgemeingültige, überbetriebliche und branchenweite Mindeststandards herzustellen und eine solidarische Lohnpolitik sicherzustellen, welche die Kaufkraft von Löhnen und Gehältern sowie einen gerechten Anteil am Wohlstands- und Produktivitätszuwachs garantiert.