Stigma psychische Erkrankung
Laut Statistik Austria beziehen 195.621 Menschen (Stand: 2013) eine Arbeitsunfähigkeitspension – Tendenz steigend. Das statistische Handbuch nennt in 33,1 Prozent der Fälle psychische Krankheiten als Hauptursache. Psychische Erkrankungen rangieren nach einer Prognose der Weltgesundheitsorganisation WHO auch unter den Top-5-Ursachen von durch chronische Erkrankungen beeinträchtigte Lebensjahre (disease-adjusted life years – DALY).
Bei Männern stehen depressive Erkrankungen an dritter Stelle. Koronare Herzkrankheiten und Alkoholsucht rangieren auf Platz eins und zwei. Bei Frauen sind depressive Erkrankungen an erster Stelle, gefolgt von Alzheimer und Demenz.
Männer | Frauen | |
1 | Koronare Herzkrankheit | Unipolare depressive Erkrankungen |
2 | Alkoholsucht | Alzheimer und Demenz |
3 | Unipolare depressive Erkrankungen | Diabetes mellitus |
4 | Diabetes mellitus | Ischämische Herzkrankheit |
5 | Zerebrovaskuläre Krankheiten | Zerebrovaskuläre Krankheiten |
Der gesellschaftlichen Wahrnehmung und der Stigmatisierung von psychischen Krankheiten kommt daher eine besondere Bedeutung zu.
Stigmatisierung
Stigmatisierung kommt aus dem Griechischen, Stigma bedeutet wörtlich übersetzt Wundmal. Der psychisch erkrankte Mensch fällt durch krankheitsbedingte Normabweichung auf und zeigt im Vergleich zu allgemeingesellschaftlich gültigen Normen ein verändertes Verhalten. Diese Normabweichungen können Stigmatisierungsprozesse in Gang setzen. Sie sind entweder öffentlich, strukturell oder auch Selbststigmatisierungen.
Öffentlich können Stigmatisierungen durch gestörte interpersonelle Interaktionen, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz sowie bei der Wohnungssuche Ausdruck finden. Ausgrenzung, Mobbing, persönliche Angriffe und Entmündigung sind vielfach vor allem bei Schizophrenie (eine am wenigsten von der Gesellschaft verstandene bzw. zu den größten Normabweichungen führende Erkrankung) zu finden. Laut einer schwedischen Studie sind psychisch Kranke öfter Opfer von Gewalttaten als psychisch Gesunde.
körperlichen Beschwerden. Es werden unverhältnismäßig mehr Ressourcen für körperliche Erkrankungen verwendet. Bis dato gibt es weder flächendeckende Maßnahmen zur Finanzierung von Psychotherapie noch umfassende fachärztlich-psychiatrische Behandlungen für die Erkrankten. Die Kosten müssen mehrheitlich die PatientInnen tragen.
Selbststigmatisierung passiert, wenn die gesellschaftlichen Vorurteile über psychisch Kranke auf die PatientInnen abfärben und diese Eigenschaften eine weitere Eigendynamik auf die anderen Stigmatisierungsformen verursachen. Oft kommt es dadurch zu vollkommener Resignation der Erkrankten.
Der Verein „ganznormal.at“ hat sich daher die Aufklärungsarbeit und Enttabuisierung in der Gesellschaft als wichtigstes Ziel gesetzt.