Gesunde Arbeit

Neue Studie: Beteiligung der Arbeitnehmer am Management von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit

Eine neue Studie der EU-OSHA zeigt die Herausforderungen für eine wirksame Arbeitnehmervertretung im Bereich des betrieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagements auf.
EU-OSHA
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In einem neuen Bericht legt die EU-OSHA die Ergebnisse ihrer qualitativen Studie zur Beteiligung und Anhörung von Arbeitnehmern im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit ausführlich dar. Laut dieser Folgestudie zur zweiten Europäischen Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken (ESENER-2) ist die Vertretung von Arbeitnehmern im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit europaweit rückläufig, während managementgeleitete Verfahren zur Beteiligung an Arbeitsschutzmaßnahmen zunehmen. Die bestimmenden Faktoren und möglichen Folgen dieser Veränderungen werden untersucht.

Diese vergleichende Studie stützt sich auf eingehende Befragungen von Unternehmensleitungs- und Arbeitnehmervertretern aus 143 Betrieben von unterschiedlicher Größe und aus verschiedenen Wirtschaftszweigen in sieben EU-Mitgliedstaaten. Die Ergebnisse liefern das bislang vollständigste Bild davon, wie die Interessen der Arbeitnehmer im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in Betrieben in ganz Europa vertreten sind.

Christa Sedlatschek, Direktorin der EU-OSHA, betont: „Trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten steht eine Tatsache fest: Ein starkes Engagement der Arbeitgeber für partizipative Verfahren im Bereich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit, unterstützende inner- oder außerbetriebliche Arbeitnehmerorganisationen und gut ausgebildete, umfassend informierte Arbeitnehmervertreter sind für die wirksame Vertretung der Arbeitnehmer ausschlaggebend.“

Beispiele für eine solche arbeitnehmerzentrierte Vertretung waren in allen untersuchten Ländern vorzufinden, insbesondere in Betrieben in Schweden sowie in geringerem Maße in Belgien und den Niederlanden. Doch auch in diesen Ländern waren hochwirksame Verfahrensweisen zur Einbeziehung von Arbeitnehmern in das betriebliche Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement nur in wenigen der untersuchten Betriebe anzutreffen. Dies deutet darauf hin, dass eine gute Arbeitnehmervertretung bei weitem nicht die Norm darstellt.

Alle Arbeitnehmer in der EU haben einen Anspruch auf Vertretung in Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit. Warum also weicht die betriebliche Praxis augenscheinlich von den rechtlichen Vorgaben ab? Die Antwort hierauf ist vielschichtig, doch ist dies zumindest teilweise auf die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zur Arbeitnehmervertretung im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zurückzuführen. Viele dieser Bestimmungen haben eher ermöglichenden als verbindlichen Charakter, und wie sich gezeigt hat, bestehen behördliche Inspektoren nur selten auf der Einrichtung einer Arbeitnehmervertretung in Betrieben.

Die Ergebnisse brachten auch eine europaweite Zunahme von Managementsystemen zur Förderung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zutage, bei denen die Verantwortung für das Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement einer Führungs- oder spezialisierten Fachkraft übertragen wird. Zwar wurden einige vorbildliche Verfahrensweisen ermittelt, doch gab es viele Beispiele dafür, dass die Arbeitnehmervertretung in solchen Fällen weniger wirksam erfolgte, da die Arbeitnehmervertreter das Gefühl hatten, weniger autonom agieren zu können, und stattdessen als „Augen und Ohren“ der Sicherheitsmanager fungierten.

Zahlreiche kontextuelle Faktoren wirken sich auf die Praxis der Arbeitnehmervertretung aus, so u. a. das Wesen der nationalen gesetzlichen Anforderungen, die Betriebsgröße und der Wirtschaftszweig, die bestehenden Tarifverhandlungsregelungen und die allgemeineren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten. In Schweden, Belgien und den Niederlanden, wo Gewerkschaften und andere Arbeitnehmerorganisationen weiterhin eine starke Präsenz haben, gab es mehr Betriebe mit einer wirksamen Arbeitnehmervertretungspraxis. So wird beispielsweise in Schweden die Erfüllung von gesetzlichen Verpflichtungen von Inspektoren überwacht, die regelmäßig mit Arbeitnehmervertretern in Kontakt treten. In Griechenland und Spanien, wo der jüngste Konjunkturabschwung besonders abträgliche Auswirkungen hatte, sind die für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit bereitgestellten Mittel nachweislich zurückgegangen, und der Arbeitnehmervertretung wird laut Auffassung der Befragten allenfalls eine niedrige Priorität eingeräumt.


Anmerkungen
Im Rahmen der zweiten Ausgabe der von der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) durchgeführten Europäischen Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken (ESENER-2) wurden Antworten aus fast 50 000 Unternehmen zu den Themen betriebliches Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement und Arbeitsplatzrisiken mit besonderem Schwerpunkt auf der Arbeitnehmerbeteiligung und psychosozialen Risiken eingeholt.

Erstmals wurden bei der Erhebung Betriebe in der Landwirtschaft und im Fischereiwesen sowie Kleinstunternehmen mit 5-10 Mitarbeitern berücksichtigt. Die Fragen wurden den Mitarbeitern gestellt, die am besten über das Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement in ihrem Unternehmen Bescheid wussten. Die Teilnehmer beantworteten Fragen zu den größten Risikofaktoren in ihrem Unternehmen und gaben an, wie und warum ein Management dieser Risiken erfolgt. Außerdem nannten sie Faktoren, die die Prävention erschweren.

Im Bericht Beteiligung der Arbeitnehmer am Management von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit: qualitative Nachweise aus der zweiten Europäischen Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken (ESENER-2) werden die Ergebnisse einer qualitativen Studie zur Arbeitnehmervertretung im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in der Europäischen Union – einer Folgestudie zu ESENER-2 – dargelegt.

Gegenstand der Studie ist die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen in puncto Sicherheit und Gesundheitsschutz, wie diese von den Vertretern selbst, von ihren Kollegen und ihren Arbeitgebern und Vorgesetzten erlebt wird. Die Studie stützt sich auf eingehende Befragungen dieser Beteiligten in 143 verschiedenen Betrieben in sieben EU-Mitgliedstaaten: Belgien, Estland, Griechenland, den Niederlanden, Spanien, Schweden und dem Vereinigten Königreich.

Bei der großen Mehrzahl der Fälle handelt es sich um Betriebe, die im Rahmen von ESENER-2 untersucht wurden. Sie wurden zu gleichen Teilen aus drei Hauptwirtschaftszweigen (dem privaten produzierenden Gewerbe, dem öffentlichen Dienst und dem privaten Dienstleistungsgewerbe) und drei Betriebsgrößenklassen (klein, mittel und groß) ausgewählt. Ergänzt wurde die Analyse durch eine Literaturdurchsicht und zusätzliche Befragungen von Auskunftspersonen in Schlüsselorganisationen sowie durch eine weitere quantitative Auswertung relevanter ESENER-2-Daten.

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