Vieles besser in der Arbeitsinspektion, aber ...
Bundesminister Alois Stöger führte zum Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektorate in den Jahren 2015 und 2016 im Vorwort aus: „Seit meinem Amtsantritt Anfang 2016 standen nicht nur die Arbeitsinspektion als Behörde sondern auch der ArbeitnehmerInnenschutz als solcher im Kreuzfeuer der Medien. Ich möchte daher zu einigen Themen Stellung nehmen, die in einem Sozialstaat außer Streit gestellt werden sollten.
Ziel des ArbeitnehmerInnenschutzes und damit auch Ziel der Arbeitsinspektion ist es, den arbeitenden Menschen ein Berufsleben ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Spätfolgen zu ermöglichen. Dass daran auch ArbeitgeberInnen interessiert sind, liegt auf der Hand: den Erfolg eines Unternehmens machen nicht zuletzt die MitarbeiterInnen aus. Die Vorschriften zum Schutz der Menschen am Arbeitsplatz umfassen ebenso viele Themenbereiche, wie es Gefährdungen gibt, denen ArbeitnehmerInnen ausgesetzt sein können wie z. B. gefährliche Maschinen, ungesicherte Absturzstellen, giftige Stoffe, krankmachender Lärm, unzureichende Lüftung oder andere Belastungen für die Gesundheit, bedingt durch eine unzureichende Gestaltung des Arbeitsumfeldes oder der Arbeitsabläufe.“
Die Arbeitsinspektion kontrolliert
Die ArbeitsinspektorInnen kontrollieren, ob diese Schutzbestimmungen eingehalten werden, aber das ist nicht alles. Sie beraten und unterstützen die Unternehmen dabei, wie sie die Anforderungen erfüllen können. Nicht immer kann jede einzelne Bestimmung im exakten Wortlaut eingehalten werden. In diesem Fall können die Betriebe um eine Ausnahme ansuchen, die stets gewährt wird, wenn durch andere geeignete Maßnahmen die Menschen ausreichend geschützt sind. In Genehmigungsverfahren z. B. bei Neuerrichtung von Betriebsanlagen hat die Arbeitsinspektion Parteistellung im Sinne der zukünftigen Beschäftigten. In Vorbesprechungen zu anstehenden Projekten werden mit den KonsenswerberInnen Lösungen erarbeitet und dadurch spätere Probleme vermieden. Den Projektplanern wird das Know-how der Arbeitsinspektion völlig kostenlos zur Verfügung gestellt, das Angebot wurde im Jahr 2016 an die 11.000 Mal genutzt.
Dennoch kann es, wo Menschen aufeinander treffen z. B. bei einer Kontrolle durch die Behörde, zu Konflikten oder Missverständnissen kommen. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen wurde im März 2017 eine Ombudsstelle der Arbeitsinspektion eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es Probleme rasch und unbürokratisch zu bearbeiten, Missverständnisse aufzuklären, zu vermitteln und Konflikte zu lösen, welche im direkten Kontakt mit dem zuständigen Arbeitsinspektorat nicht zufriedenstellend gelöst werden konnten. Festzuhalten ist aber auch, dass der weitaus überwiegende Teil der Kontrollen und die Kontakte zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitsinspektorInnen reibungsfrei und positiv verlaufen. Der vorliegende Bericht „Die Tätigkeit der Arbeitsinspektion in den Jahren 2015/2016“ (siehe Download unten) belegt vielfach, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Arbeitsinspektoraten herausragende und wirkungsvolle Arbeit für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Österreich leisten. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung!
Reorganisation in der Arbeitsinspektion
Der Berichtszeitraum 2015 und 2016 stand im Zeichen eines großen internen Reorganisationsprozesses in der Arbeitsinspektion, führte Sektionschefin Anna Ritzberger-Moser im Bericht aus. Das Projekt wurde 2015 gestartet mit dem Ziel, größere Arbeitsinspektorate zu schaffen, um den Wirkungsgrad der Organisation mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu steigern und Reibungsverluste an den Schnittstellen zu reduzieren. Die mit 1. Mai 2017 neu geschaffenen Arbeitsinspektorate Wien Zentrum, Oberösterreich Ost und Steiermark fassen jeweils zwei bisherige Ämter zusammen. 2019 und 2021 werden weitere Zusammenlegungen in Niederösterreich und Wien folgen. Damit können Synergieeffekte in der Planung und Steuerung der Arbeitsinspektorate realisiert und der Wissenstransfer innerhalb der jeweiligen Gebiete gefördert werden. Darüber hinaus sollen in einem Folgeprojekt Möglichkeiten einer intensiveren Kooperation zwischen den Arbeitsinspektoraten eigeninitiativ ausgelotet und umgesetzt werden.
2015 und 2016 konnten wieder einige Schwerpunkte abgeschlossen bzw. neue gestartet werden. Zwei davon seien als Beispiel hier angeführt: Die Arbeitsinspektion besuchte in den Jahren 2012 bis 2015 im Rahmen einer Beratungs- und Kontrollkampagne alle Möbeltischlereien in Österreich mit bis zu 50 Beschäftigten, in Summe waren das 2.400 Betriebe. Bei der Aktion wurden an die 30.000 Mängel festgestellt, mehr als 20.000 davon wurden in der Folge von den Unternehmen behoben. Bei der Organisation und der Durchführung der Schwerpunktaktion bestand ein intensiver Kontakt zwischen der Arbeitsinspektion und der AUVA sowie den Sozialpartnern. In regelmäßigen Treffen mit den Interessenvertretungen wurde der persönliche Kontakt mit den TischlerInnen gesucht und fruchtbar genutzt.
Schwerpunkt: Krebserzeugende Arbeitsstoffe
Krebserzeugende Arbeitsstoffe kommen in vielfältiger Form vor. Nicht immer sind sich die Betriebe der Gefährlichkeit bewusst, da Krebserkrankungen, die durch Arbeitsstoffe verursacht wurden, oft nicht als solche erkannt werden. 2016 wurde eine Schwerpunktaktion erarbeitet, bei der in den nächsten zwei Jahren österreichweit etwa 600 Betriebe, die solche Substanzen verwenden, von der Arbeitsinspektion besucht und über die erforderlichen Schutzbestimmungen beraten werden.
Zahlen im Überblick
Im Jahr 2016 (2015) wurden 45.850 (46.905) Arbeitsstätten, 12.997 (10.858) Unternehmen auf Baustellen und 1.340 (3.442) auswärtige Arbeitsstellen von den ArbeitsinspektorInnen besucht. Dabei wurden 68.162 (69.401) Kontrollen durchgeführt, bei denen je nach Anlassfall Übersichtskontrollen, Überprüfungen bestimmter Themenbereiche oder Schwerpunkterhebungen, auch im Zusammenhang mit Verhandlungen und Beratungen, erfolgten.
Zusätzlich zu diesen Kontrollen überprüften die ArbeitsinspektorInnen 376.566 (387.765) Arbeitstage von LenkerInnen und nahmen an 15.572 (15.445) behördlichen Verhandlungen teil (z. B. gewerberechtliche Genehmigungsverfahren, Bauverhandlungen). Ferner wurden 31.961 (29.454) Beratungen und Vorbesprechungen betrieblicher Projekte durchgeführt sowie 58.489 (59.340) arbeitsinspektionsärztliche Beurteilungen und Beratungen und 21.014 (20.360) sonstige Tätigkeiten (wie Zusammenarbeit mit anderen Behörden und sonstigen Stellen, Teilnahme an Tagungen und Schulungen) vorgenommen.
Mängel fast in jeder 2. Arbeitsstätte vorgefunden
Bei 45,2 % (45,0 %) aller Kontrollen wurden im Jahr 2016 Übertretungen von ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften festgestellt und die ArbeitgeberInnen erforderlichenfalls über die Möglichkeiten zur effizienten Behebung dieser Mängel beraten sowie bei Vorliegen schwer wiegender Übertretungen oder im Wiederholungsfall sofortige Strafanzeigen erstattet. Von den insgesamt 114.765 (116.481) Übertretungen (ohne Kontrollen von LenkerInnen) betrafen 103.248 (103.147) den technischen und arbeitshygienischen ArbeitnehmerInnenschutz und 11.517 (13.334) den Verwendungsschutz. Zusätzlich wurden bei Kontrollen von LenkerInnen 6.899 (8.821) Übertretungen festgestellt. Insgesamt mussten 1.606 (1.996) Strafanzeigen erstattet werden. Keine Spur von Schikane gegenüber ArbeitgeberInnen, denn nur mehr auf jede 71. Übertretung folgt eine Strafanzeige!
ILO-Vorgabe: Mehr Personal nötig
Die ArbeitsinspektorInnen im Außendienst sind wieder weniger geworden: 2016 waren nur mehr 302 ArbeitsinspektorInnen unterwegs. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO – International Labour Organization) legt im Übereinkommen Nr. 81, Artikel 10, als Richtwert für industrielle Marktwirtschaften eine/n Aufsichtsbeamt/in pro 10.000 Beschäftigte fest. Schon 2015 waren rund 3,2 Millionen ArbeitnehmerInnen von der Arbeitsinspektion erfasst. Der ILO-Richtwert wird bundesweit gesehen somit gerade nicht mehr erreicht! In Oberösterreich ist man bereits weit davon entfernt. Entgegen den Plänen der Regierung bedarf es hier dringend einer Erhöhung des Personalstandes in den Arbeitsinspektoraten und im Zentral-Arbeitsinspektorat.
Übrigens: Schon im Bericht des Rechnungshofes 2013/8 zum „Arbeitnehmerschutz in Österreich“ wurde vermerkt, die Arbeitsinspektion bräuchte eine Aufstockung des Personals um etwa das 7-fache, um ihrem Auftrag adäquat nachgehen zu können. Der Rechnungshof verdeutlichte auch, dass die aktuellen Überprüfungsintervall zu verkürzen und die Reichweite der Arbeitsinspektion zu erhöhen sind.