Gesunde Arbeit

Die Gefühle der Beschäftigten berücksichtigen

Tätigkeiten sind psychisch beeinträchtigend, wenn es einen Widerspruch zwischen gezeigten und empfundenen Gefühlen gibt. Eine gute Aufgaben- und Tätigkeitsgestaltung berücksichtigt die Gefühle der Beschäftigten.
Margit Burger: „Das Vortäuschen von Gefühlen ist psychisch beanspruchend.“
Dr. Margit Burger, Arbeits- und Organisationpsychologin Margit Burger: „Das Vortäuschen von Gefühlen ist psychisch beanspruchend.“

In einem Unternehmen der Branche Gesundheit und Soziales (150 Beschäftigte) bildet die Pflege von SeniorInnen einen Tätigkeitsbereich. Die 20 PflegerInnen erleben die Gesprächsführung mit unzufriedenen Angehörigen als beanspruchend: Oft werden die PflegerInnen mit Vorwürfen konfrontiert, wodurch Ärger ausgelöst wird – diese Emotionen müssen jedoch im Arbeitsalltag unterdrückt werden. Von der Führungskraft fühlen sich die PflegerInnen in diesen Situationen zu wenig unterstützt.

Widersprüchlichkeit als Krankheitsquelle
Die arbeits- und organisationspsychologische Forschung zeigt: Das Vortäuschen von Gefühlen gilt als Quelle psychischer Beanspruchung. Tätigkeiten, die eine emotionale Dissonanz hervorrufen, können sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken und das Entstehen von Burn-out fördern (Cox, Griffith & Rial-Gonzáles, 2000).

Gefühle als Arbeitsgegenstand
Eine gute Aufgaben- und Tätigkeitsgestaltung bedeutet: Die Gefühle der Beschäftigten sind – als Arbeitsgegenstand – bei der Gestaltung der Abläufe zu berücksichtigen. Dies verhindert, dass emotionale Reaktionen als eigene Unfähigkeit interpretiert werden.

Im Betrieb erfolgten folgende arbeits- und organisationspsychologischen Vorschläge zur Verbesserung der Aufgaben- und Tätigkeitsgestaltung: Zur gezielten Befähigung der Beschäftigten sind Schulungen zur Gesprächsführung im Konfliktfall und Sensibilisierung für die Bedürfnisse der Angehörigen vorgesehen. Darauf aufbauend soll, bei drohender Eskalation, die Führungskraft als soziale Unterstützung strukturiert zur gezielten Entlastung der Beschäftigten hinzugezogen werden können. Emotionale Distanz im Gespräch ist durch räumliche (Distanz-)Veränderung anzustreben.


Vom Problem zur Lösung
Seitdem fand im Betrieb ein Workshop mit der Vorgesetzten zum Thema Angehörigengespräche statt. Ein hilfreiches Emotionsmanagement für die PflegerInnen wurde erarbeitet: Hierfür wurden die begleitenden Emotionen bei Angehörigengesprächen erhoben und Möglichkeiten für eine Neubewertung der Situation aufgezeigt. Die Überarbeitung des Beschwerdesystems sowie Kommunikationsschulungen sind geplant. Zukünftig wird für Angehörigengespräche die Bibliothek genutzt. Ein Tisch zwischen klagenden Angehörigen und Beschäftigten hilft, die emotionale Distanz zu wahren.

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Beschäftigten gestärkter und sicherer im Umgang mit Angehörigen handeln.

In der Serie „Arbeitspsychologie konkret“ stellen ArbeitspsychologInnen praktische Beispiele zur Arbeitsanalyse und -gestaltung vor.

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