Gesunde Arbeit

Gold-Plating: Die Wunschliste der Industrie an die Regierung

Eine Liste mit 489 Beispielen für sogenanntes „Gold-Plating“, also mit österreichischen Regelungen, die besser sind als die EU-Standards, sorgte im Juli für Riesenaufregung. Themen waren u. a. die fünfte Urlaubswoche oder Einschnitte beim Mutterschutz.
Protest: In Absam brachten mehr als 600 Tiroler Betriebsräte ihren Unmut über den Kurs der Bundesregierung klar zum Ausdruck.
Mehr als 600 Tiroler Betriebsräte protestierten in Absam und brachten ihren Unmut über den Kurs der Bundesregierung klar zum Ausdruck. Protest: In Absam brachten mehr als 600 Tiroler Betriebsräte ihren Unmut über den Kurs der Bundesregierung klar zum Ausdruck.

„Die Industrie- und Wirtschaftslobbys haben knapp 500 Forderungen zur Senkung von Arbeitnehmer-, Umwelt- und Konsumentenrechtsstandards aufgelistet. Und jetzt, da man sie ertappt hat, tun sie so, als würde niemand an eine gewinnbringende Umsetzung denken. Für wie dumm will man die Bürger verkaufen?“, ärgert sich AK Präsident Erwin Zangerl.

Fünfte Urlaubswoche: „Mehrkosten“
Im Juli wurden Details zu den 489 Vorschlägen und teils heiklen Anmerkungen bekannt: So wird der umfassende Kündigungsschutz im Mutterschutz mit dem Kommentar „unnötige Einschränkung des Kündigungsrechts erhöht die Personalkosten“ kritisiert. Die fünfte Urlaubswoche wird als „Mehrkosten“ bezeichnet – samt folgender Feststellung: „Die Unternehmen sind verpflichtet, die Dienstnehmer trotz Abwesenheit zu bezahlen.“ Auch die Möglichkeit eines 13-Stunden-Arbeitstages wird angeführt.

„Damit ist die Katze aus dem Sack. Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer betreiben in ihren Stellungnahmen zum ‚Gold-Plating‘ ganz klar Sozialabbau. Sie möchten die Rechte der Arbeitnehmer noch mehr beschnitten haben. Dazu sollen gesetzliche Regelungen in Österreich auf das niedrigere EU-Niveau zurückgeschraubt werden, das Ganze wird dann als ‚Bürokratie-Abbau‘ getarnt. Da nützen alle Dementis nichts! Wer es nicht glauben will, sollte sich die Aufstellung samt Anmerkungen ansehen. Das Dokument steht auf www.ak-tirol.com zum Download bereit“, so Zangerl.

„Wir lassen nicht zu, dass das Rad der Zeit in Österreich weiter zurückgedreht werden soll. Wir werden uns mit aller Kraft gegen eine Verschlechterung, vor allem im Arbeits- und Sozialrecht, aber auch bei den Umweltstandards, zur Wehr setzen“, so der AK Präsident. „Von der Bundesregierung erwarte ich mir eine klare Absage an diese perfide Stellungnahme zum Gold-Plating.“

Schutzstandards nicht gefährden
Nicht zuletzt den Sozialpartnern ist es zu verdanken, dass Österreich in vielen Bereichen wesentlich fortschrittlichere Gesetze und weit bessere Schutzstandards als in den bestehenden EU-rechtlichen Mindestbestimmungen aufweist. Zangerl: „Wer die Schutzbestimmungen im eigenen Land abbauen will, verrät die Arbeitnehmerfamilien. Statt gegen die eigenen Leute vorzugehen, wäre die Regierung gut beraten, endlich wirksame Maßnahmen gegen das Lohn-, Sozial- und Steuerdumping zu setzen. Österreich hätte im Rahmen des aktuellen EU-Ratsvorsitzes ein reiches Betätigungsfeld: Diese Routen sind zu schließen, durch die jährlich zig Milliarden Euro unkontrolliert abfließen – und dies zulasten von Österreich und vieler anderer EU-Staaten.“

Mehr Infos:
Dienstleistungsfreiheit: Nein zu Lohnsklaverei und Sozialdumping in der EU

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