Verunsicherung, Stress, weniger Einkommen – die Corona-Krise drückt auf die Stimmung
Die Krise macht den österreichischen Beschäftigten zu schaffen. Die Arbeitsbelastungen sind stark gestiegen, der Stress hat zugenommen und immer mehr machen sich Sorgen, ob sie ihren derzeitigen Job bis zur Pension durchhalten können. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Österreichischen Arbeitsklima Index der AK Oberösterreich. „Darum ist es höchste Zeit, die wichtigsten Lehren aus der Krise zu ziehen und rasch an den richtigen Stellschrauben zu drehen“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.
Die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in der aktuellen Krise deutlich verunsicherter als während der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009. Damals sank der Arbeitsklima Index, der anhand verschiedener Indikatoren die Zufriedenheit der Beschäftigten misst, von 112 auf 108 Punkte. Derzeit liegt er bei 105 Indexpunkten – um 5 Punkte niedriger als vor einem Jahr.
Psychische Belastung nimmt zu
An stärksten wird der Sinkflug des Arbeitsklima Index von der Zunahme der psychischen Belastungen beeinflusst. Der Indikator für den Stress ist um 31 Prozent von 26 auf 34 Indexpunkte gestiegen. Höherer Zeitdruck und emotionale Belastungen führten bei vielen Beschäftigten, insbesondere in den systemrelevanten Berufen, zu einer deutlich geringeren Arbeitszufriedenheit.
12 Prozent aller Beschäftigten in Österreich leiden unter allen 4 Belastungsfaktoren, die der Arbeitsklima Index misst: psychischer Stress, physischer Stress, Isolation und Innovations-Stress. Das sind vor allem Arbeiter/-innen, vorwiegend in der Industrie, im Gewerbe oder am Bau, sowie Beschäftigte in Zustelldiensten oder in der Pflege. In den beiden letztgenannten Berufen fühlt sich jeweils rund ein Viertel der Arbeitnehmer/-innen mehrfach stark belastet. 60 Prozent der mehrfach Belasteten glauben nicht, ihren derzeitigen Job bis zur Pension ausüben zu können.
Auch die körperlichen Belastungen und der Stress, sich auf neue Arbeitsinhalte und Anforderungen einstellen zu müssen, haben im vergangenen Jahr zugenommen. Auffallend ist zudem, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der Pflegebeschäftigten, Lehrer/-innen oder Kindergartenpädagogen/-innen über mangelnden Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus klagten. Auch das hat sich stark auf ihre (schlechte) Stimmung ausgewirkt.
Beschäftigte blicken weniger optimistisch in die Zukunft
Gleichzeitig sind die optimistischen Zukunftsaussichten der Beschäftigten auf die wirtschaftliche Entwicklung und den Arbeitsmarkt merklich geschwunden. 82 Prozent glauben, dass diese Krise den Arbeitsmarkt dauerhaft verändern wird. Ein Drittel sieht die Arbeitsplätze in Österreich in Gefahr.
Ein Fünftel der Beschäftigten fühlt sich in der Existenz bedroht, insbesondere Arbeiter/-innen, Geringqualifizierte und Arbeitslose. Gleichzeitig ist die Zufriedenheit mit den Einkommen noch relativ stabil. „Das zeigt, dass viele froh sind, überhaupt noch Arbeit und ein Einkommen zu haben. Zudem wird die Kluft zwischen denen, die kaum mehr mit ihrem Lohn oder Gehalt auskommen, und jenen, die auch in der Krise ihre sicheren und gut bezahlten Jobs behalten haben, immer größer“, erklärt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.
Arbeitsbelastung nachhaltig reduzieren
Darum ist es höchste Zeit, die Krise als Chance zu nutzen und an mehreren Stellschrauben zu drehen: „Um die Arbeitsbelastungen nachhaltig zu reduzieren, brauchen wir eine gerechte Verteilung von Arbeit und Einkommen und eine Entschleunigung des Arbeitsprozesses. Grundvoraussetzung dafür ist eine Arbeitszeitverkürzung, weil sie Arbeits- und Zeitdruck herausnimmt und ermöglicht, die Arbeit auf mehr Köpfe zu verteilen.“
Diese Forderungen des AK-Präsidenten entsprechen auch den Bedürfnissen der Arbeitnehmer/-innen: Um ihren Beruf bis zur Pension ausüben zu können, wünschen sich die stark belasteten Beschäftigten kürzere Arbeitszeiten, eine Verringerung der Stressfaktoren, also weniger psychische Belastung, und gesundheitsfördernde Maßnahmen, um die Belastungen zu reduzieren.